Beratungen über die Zukunft des Landkreises
Die Zukunft des Landkreises Neustadt stand im Mittelpunkt einer zweitägigen Klausurtagung der SPD Kreistagsfraktion in Arrach im Bayerischen Wald. Die Kreisrätinnen und Kreisräte hatten nicht nur ein volles Arbeitsprogramm, sondern zusätzlich eine rege Diskussion zu vielen aktuellen Landkreisthemen.
Tag 1
Die Vorstellung der Arber Region durch den Geschäftsführer der „Arberland Regio GmbH“, Herbert Unnasch und der Leiterin der Tourismusförderung, Susanne Wagner, bildete einen passenden Klausurauftakt. Auf Initiative des neuen Landrates Michael Adam sei im Landkreis Regen dieses neue Projekt entstanden, hielt Unnasch fest. Aus drei bisherigen Stabsstellen im Landratsamt sei die GmbH unter Beteiligung der Kommunen und der Wirtschaft initiiert und gegründet worden.
„Mit touristischen Möglichkeiten sind immer auch wirtschaftliche Belange verbunden“ so der Geschäftsführer. „Ein Haus, ein Dach, eine Führung“ mit der Aufgabenstellung der Imageverbesserung und der Belange des Tourismus, aber nicht nur in Hinblick auf die Übernachtungszahlen, untermauerte Unnasch seine Ausführungen. Der GmbH Umsatz und die Bilanz belaufen sich auf 1,2 Millionen Euro.
Die Region sei dem Landkreis Neustadt in den Strukturen meilenweit voraus, so der Kommentar von MdB Uli Grötsch. Tourismusleiterin Susanne Wagner ergänzte die Ausführungen aus touristischer Sicht. „Der ländliche Tourismus liege im Trend und Outdoor sei in“, so Wagner. Hohen Stellenwert habe auch Essen und Trinken. Im Bereich des „Genusses“ habe der Landkreis mit dem Zoigl und regionalen Spezialitäten die Nase voraus. Zudem liege die Metropolregion Nürnberg vor der Haustüre.
Eine einheitliche Außendarstellung, eine einheitliche Marke und die Qualitätsentwicklung seien wichtiger als nur statistische Übernachtungszahlen. Deshalb stelle die Tourismusarbeit auch eine Wirtschaftsförderung dar und müsse entpolitisiert werden so das Fazit der Experten aus dem Bayerwald, dem sich die SPD Kreistagsfraktion durchaus anschließen konnte. Der Anschluss des Radwegenetzes zu den Nachbarlandkreisen war ein interner Beratungspunkt. Das Radwegenetz des Landkreises solle deshalb eine Überprüfung auf Aktualität finden.
Mit dem Thema Energie wurde ein weiterer Themenblock in der Klausur abgehandelt. MdB Uli Grötsch berichtete seiner Fraktion zu aktuellen politischen Sachständen. Es gäbe keinen Markt mit einer Kapazitätsreserve, deshalb werde ein Netzausbau unumgänglich sein. „Ob es zu einer Nord-Süd-Trasse oder, wenn diese nicht verwirklicht werde, zu einer Ost-West-Trasse komme, werden die Umstände aufzeigen“, so Grötsch. Viele Unwahrheiten werden auch zum Thema Fracking berichtet. Aus der SPD Kreistagsfraktion komme ein klaren „Nein“ zum Fracking hielt Fraktionsvorsitzender Günter Stich fest. Es müsse ein klares Frackingverhinderungsgesetz her und dieses ohne jegliche Hintertürchen.
An der Energiewende werde auch im Landkreis Neustadt festgehalten, so die Zusammenfassung der mehrstündigen Beratungen. Auch Windenergie solle im Landkreis entstehen, wo diese möglich sei. Ebenso gelte es, das entstandene genossenschaftliche Engagement und die interkommunale Zusammenarbeit zu stärken und weiter zu unterstützen mit dem Ziel einer regionalen und kommunalen Energiewende mit einer Wertschöpfung im Landkreis. Deshalb werde auch die Einführung einer Biotonne im Landkreis in dieser Hinsicht hinterfragt werden, so der Grafenwöhrer Kreisrat Udo Greim.
Tag 2
Weitere große Themenblöcke hatte die SPD Kreistagsfraktion zu ihrer Klausurtagung im Hotel „Herzog Heinrich“ in Arrach abzuarbeiten. Vom Bereich Asyl bis zum demographischen Wandel war der zweite Klausurtag der roten Kreisrätinnen und Kreisräte überschrieben.
51 Millionen Menschen seien weltweit auf der Flucht hielt MdB Uli Grötsch fest. Die Bürgerkriegsflüchtlinge in Syrien sowie die Brennpunkte und Nord- und Mittelafrika mit vielen sozialen Unruhen seien nicht in den Griff zu bekommen. Die Unruhen weiten sich auf Jordanien und die Türkei aus. Die SPD wolle ein Einwanderungsgesetz, um auch eine notwendige Zuwanderung zu steuern und zu gestalten. „Es sei notwendig, das Aufenthaltsrecht mit inzwischen rund 50 Aufenthaltstiteln zu entlüften“ so Grötsch. Es sei keine Entspannung zu erwarten und die Politik müsse handeln. Das ehrenamtliche Engagement im Landkreis wurde in der Diskussion besonders herausgestellt. Viele Bürgerinnen und Bürger helfen zur Integration. Ob als „Pate“ oder beim Deutschunterricht.
Probleme in den Kindergärten mit fehlenden Erzieherinnen sprach Bürgermeister Peter Lehr an. Oftmals sei eine Art „mobile Reserve“ notwendig um personelle Engpässe zu meistern. Hierzu will die Fraktion Gespräche mit dem Jugendamt führen. „Wir wollen kinderfreundliche Kommunen und einen kinderfreundlichen Landkreis“, so die stellvertretende Landrätin Margit Kirzinger. Bürgermeister Reiner Gäbl ergänzte mit dem Hinweis auf eine vorausschauende Jugendhilfepolitik. Der Stellenwert der Erzieherinnen und deren wertvolle Arbeit werde von der Politik nicht entsprechend anerkannt, so Kreisrat Helmuth Wächter.
Zu insgesamt vier Themenblöcken hatte Prof. Dr. -Ing. Lothar Koppers die Moderation übernommen. Er zeigte die verschiedenen Mechanismen im demographischen Wandel auf. Prof. Koppers legte Wert darauf aus Daten Realweltbezüge herzustellen. „Demographie ist eine Vorausberechnung und keine Prognose“ so der Referent. Dies betreffe sowohl die Bevölkerungsstrukturen wie auch die Bevölkerungsbewegungen und Entwicklungen. Die Vorausberechnungen seien um ein vielfaches genauer als eine Prognose. Deutschland erlebe seit Ende der 60iger Jahre eine große demographische Veränderung.
Das Landleben im Allgemeinen, auch im Landkreis Neustadt WN, als günstig zu bezeichnen sei eine große Mähr erläuterte Koppers anhand von Zahlen und Fakten. Man lebe nicht mehr dort wo man arbeite. Die Kommunen müssen finanziell im demographischen Wandel überleben. Interessante Daten, die mit Erstauen zur Kenntnis genommen wurden, befinden sich im Statistikatlas Bayern. Dieser könne jederzeit im Internet abgerufen und auf die Kommunen des Landkreises herabgebrochen werden.
In der Infrastrukturplanung würden sich Nachteile gewaltig verstärken. Dies stelle die strategische Aufgabe der Zukunft dar. Bei den Schülerzahlen müsse ein Rückgang von 20 Prozent der Jahre 2004 bis 2020 verkraftet werden. Eine Analyse der Umzüge von Personen und Familien in andere Städte und Regionen sei sehr aussagekräftig. Hochwertiges Wohnen mit geringen Nebenkosten sei gefragt, wie Beispiele aus der Stadt Wunsiedel zeigen.